AN(GE)DACHT
zum Sonntag Rogate

"ALLES IST MIR ERLAUBT!"

Das klingt beim ersten hören vielleicht gut und einladend. Wenn ich verreise und mir in einer Ferienwohnung als erstes die Hausordnung nahe gebracht wird, kommt das nicht so gut an. Schön, wenn uns gesagt wird, was wir alles dürfen und welche Vergünstigungen mit unserem Aufenthalt verbunden sind. In Österreich etwa kann man in einigen Gebieten in den Sommermonaten ab drei Übernachtungen die Bergbahnen und Buslinien umsonst benutzen.

Aber natürlich alles hat seine Grenzen, ein Land, eine Gemeinde, ein Haus, in dem alles erlaubt ist gibt es nicht und ist auch nicht wünschenswert. Gegenseitige Rücksichtnahme funktioniert nur, wenn ich beim Gebrauch meiner Freiheit auch den anderen im Blick behalte. Da das aber nicht jeder einsieht sind auch Hausordnungen, Ortssatzungen und Gesetze nötig.

Das Wort unserer Kirche für den Monat Mai steht im Neuen Testament. Dort lesen wir im Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinde in Korinth: “Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben.“

Ja, wir Christen dürfen in einer großen Freiheit leben. Wir dürfen und sollen Gesetze und Regeln hinterfragen. Dienen sie der Entfaltung eines mündigen Lebens oder behindern sie völlig unnötigerweise unser Verhalten. Gibt es vielleicht sogar regelrecht menschenfeindliche Bestimmungen? So hat schon Jesus viele im Judentum geltende Regeln vollmächtig außer Kraft gesetzt. Der Mensch soll kein Sklave von unsinnigen Anordnungen sein. Regeln müssen dem Leben dienen. Umgekehrt gilt dann aber auch, nicht jeder Gebrauch der Freiheit dient dem Guten.

Ja, es gibt versklavende „Freiheiten“. Gewohnheiten, Süchte, von denen Menschen nicht mehr lassen können. „Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben.“ Ein zu allen Zeiten hoch aktuelles Wort. Richtschnur für den Gebrauch unserer christlichen Freiheit ist die Liebe. Was ich tue oder lasse soll eine Hilfe für meine Mitmenschen sein. Das kann soweit gehen, dass ich um anderer willen bewussten Verzicht leiste.

Kürzlich las ich von einem Mann, dem es so leid tat, dass ein guter Freund nicht vom Alkohol loskam und dabei war sein ganzes Leben zu zerstören.  Er hat dann mit ihm gesprochen und ihm gesagt. Du weißt, dass ich auch gern ein Glas Wein oder Bier trinke, aber ich hoffe, es wird dir helfen, wenn ich keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren. Und tatsächlich, dieses „Opfer“ hat den Freund so beeindruckt, dass er von seiner Sucht frei wurde. Ich denke, hier zeigt sich, was eine verantwortungsvoll gebrauchte Freiheit bewirken kann. Gott helfe uns zu dieser starken inneren Freiheit, denn alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.

Gedanken zum Sonntag Rogate von Wilfried Neugebauer, Pfarrer im Ruhestand

ONLINE-ANDACHT
 

Sopran und Moderation: Jana Kontzog
Orgel: Thorsten Fabrizi
Antonin Dvorak, Biblische Lieder op.99
Korrektur: „Lasciate mi cantare“ stammt aus dem Song „L‘Italiano“ von Toto Cutugno. Ursprünglich sollte Adriano Celentano das Lied singen. Hat er aber nicht.